Gegen Gewalt und Diskriminierung

B-Jugendspieler des FCW wird rassistisch beleidigt - Verband stellt Verfahren ein

(sr/wh) - Beim B-Jugendspiel FC Wacker Biberach vs. SGM Mengen/Rulfingen am 8. Mai dieses Jahres wird ein Spieler der Gastgeber von einem Gästezuschauer rassistisch beleidigt, mit dem Wort "N....". Der Schiedsrichter meldet den Vorfall dem zuständigen Staffelleiter. Das Sportgericht des Bezirkes Oberschwaben stellt das Verfahren aber ohne Konsequenzen oder Sanktionen für den Täter und dessen Verein ein.

Der Schiedsrichter nannte in seiner Meldung derweil eine zweite Person, die sich ebenfalls des beleidigenden N-Wortes bedient haben soll. Obwohl besagter Wacker-Spieler das nicht hörte und der vermeintliche Täter eine derartige Äußerung bestreitet, hätte auch in diesem Falle eine Überprüfung durch das Sportgericht erfolgen müssen, meint der FC Wacker.
 

Großes Unverständnis bei Wacker über "ein völlig falsches Signal"

Beim FC Wacker hat das Prozedere des Verbandes großes Unverständnis ausgelöst: "Die Einstellung des Verfahrens sendet ein völlig falsches Signal, sowohl dem beleidigten Jugendlichen als auch dem Täter und der Öffentlichkeit gegenüber", kritisieren nicht nur Jugendleiter Stefan Reich, sondern auch Öffentlichkeitsarbeiter Winfried Hummler und andere Verantwortliche des FC Wacker.

Nach dem Vorfall hatten Reich bzw. der FC Wacker natürlich gehofft, dass sich das Sportgericht des Bezirkes Oberschwaben des Falles inhaltlich annimmt und ein adäquates Urteil verhängt. Vergebens, denn: Es passiert gar nichts. Der FCW hört - trotz wiederholten Nachhakens - weder was vom Sportgericht noch von anderen Instanzen des Bezirkes bzw. des WFV. Dass das Verfahren zwischenzeitlich eingestellt wurde, erfahren Reich und Co. von dritter Seite.

 
Wacker wendet sich an die Bezirksjugendleiterin

Reich wendet sich deshalb am 21. Juni an Bezirksjugendleiterin Eva Hertenberger und informiert sie ausführlich über den Vorgang. In seinem Schreiben moniert er: "Ein B-Jugendspieler des FC Wacker wird von einem gegnerischen Zuschauer rassistisch beleidigt, der Schiedsrichter meldet dies. Reaktion vom WFV: Das Sportgericht stellt das Verfahren ein, ohne Konsequenzen für den (die) Täter!"

Reich weiter: "Hier wurde bei einem rassistischen Vorfall, der bereits über sechs Wochen zurückliegt, nicht konsequent gehandelt und dagegen vorgegangen. Dies kann ich auch in meiner Rolle als Kinder- und Jugendschutzbeauftragter des Vereins nicht akzeptieren. Diesem alltäglichen Rassismus müssen wir uns konsequent entgegenstellen und unsere Jugendlichen schützen."

 
Sportgerichts-Vertreter fehlt bei einer Aussprache

Hertenberger lädt daraufhin zu einer Aussprache ein, die am 27. August stattfindet: mit dem Bezirksvorsitzenden Sigmar Störk, Staffelleiter Thomas Preuß, Sven Osterfeld (damals Jugendtrainer der SGM Mengen/Rulfingen und seit ein paar Wochen neuer Bezirksmitarbeiter), Eva Hertenberger sowie den drei Wacker-Vertretern Stefan Reich (Jugendleiter), Vili Nevescanin (Jugendkoordinator) und Kevin Popp (B-Jugendtrainer). Ein Vertreter des Sportgerichtes ist, trotz Einladung, nicht dabei - unverständlich und geringschätzend für den FC Wacker.

Bei der Aussprache wird von Verbandsseite nochmals klargestellt: Die Einstellung des Verfahrens war richtig. Da der Schiedsrichter bei dem Spiel keine Sanktionen ausgesprochen habe, habe das Sportgericht zu keinem anderen Ergebnis kommen können.

Letztlich einigt sich die Gesprächsrunde drauf, dass beide beteiligten Vereine ein Anti-Gewalt-Banner auf ihrem Sportgelände aufhängen. Der FC Wacker hat diesen am Kunstrasenplatz angebracht. Hertenberger und Störk versicherten zudem, dass sie den Fall in weiteren Gremien des WFV zur Sprache bringen werden.

 
Wacker fordert vom WFV mehr Einsatz gegen Rassismus

Beim FC Wacker bleibt freilich Frust und Unverständnis zurück, den Reich wie folgt ausdrückt: "Es war ein wichtiger Austausch, der am Ergebnis aber nichts ändert. Das Verfahren wird eingestellt und der (die) Verantwortliche(n) nicht sanktioniert. Ich bin jetzt bald 10 Jahre Jugendleiter beim FC Wacker und wir haben jede Saison Probleme mit Rassismus und Diskriminierung. Und in meiner langen Zeit als Jugendtrainer davor habe ich es selbst immer wieder erlebt, wie Zuschauer oder Gegenspieler unsere Jungs beleidigt, provoziert und diskriminiert haben. Immer ohne Folgen, da sie dies hinter dem Rücken der Schiris taten. Jetzt haben wir einmal eine Schiedsrichtermeldung und dann wird die Sache unter den Teppich gekehrt, das Verfahren einfach eingestellt. Aus welchen Gründen auch immer."

Reich weiter: "Der FC Wacker erwartet mehr Einsatz gegen Rassismus und echte Aufarbeitung des Vorfalls von Seiten des WFV, als "nur" ein Banner zur Verfügung zu stellen. Präventionsmaßnahmen, etwa die Teilnahme an einem Anti-Rassismus Workshops oder eine Geldstrafe in Vereinshaftung wäre durchaus angebracht gewesen. Haftet im Amateurfußball nicht der Verein für das Fehlverhalten seiner Fans?"

 

WFV ignoriert DFB-Merkblatt für Schiedsrichter

Reich fährt fort: "Mit einer Einstellung des Verfahrens wird der Vorfall beim Gastverein mit Sicherheit nicht aufgearbeitet, dies erklärt auch, dass bis heute keine Entschuldigung weder dem diskriminierten Jugendspieler gegenüber noch uns als Verein ausgesprochen wurde. Wenn das der übliche Umgang mit dem Thema Rassismus bleibt, dann werden sich immer mehr Jugendliche vom Fußball abwenden und sich die Situation auch nicht verbessern. Unsere Kinder und Jugendlichen machen leider immer wieder Rassismus-Erfahrungen. Offt ist man dagegen machtlos, weil dies immer so geschieht, dass der Schiedsrichter nichts mitbekommt. Dass aber sogar bei einer Meldung des Schiedsrichters keine Konsequenzen für den Täter bzw. dessen Verein erfolgt, hätten wir nicht erwartet."

Reich verweist zudem auf ein Merkblatt, in dem der DFB seine Schiedsrichter seit Jahren anweist, Diskriminierungen auf und neben dem Sportplatz zu melden. „Erfasst werden sollen alle Vorfälle, ganz gleich, ob es sich bei den beteiligten Personen um Spieler*innen, Schiedsrichter*innen, Zuschauer*innen oder um Trainer*innen, Betreuer*innen oder Funktionär*innen handelt“, heißt es in besagtem Merkblatt des DFB. Warum dann der WFV die Meldung besagten Schiedsrichters in dem B-Jugendspiel FC Wacker Biberach vs. SGM Mengen/Rulfingen einfach ignoriert, erschließt sich den Verantwortllichen des FC Wacker nicht.

 

Sportgerichts-Chef des WFV: "Schiedsrichter und Wacker haben Fehler gemacht"

Hummler hat zudem bei David Biedemann, dem Sportgerichts-Chef des Verbandes in Stuttgart, vorgesprochen und ihn nach der Rechtmäßigkeit des Verfahrens befragt. Antwort: Das Sportgericht des Bezirkes Oberschwaben habe alles richtig gemacht. Fehler habe dagegen der Schiedsrichter gemacht ("Er hätte auf dem Platz sanktionieren müssen") und der Verein ("Der FC Wacker hätte anzeigen müssen"). Und: "Der WFV duldet keinen Rassismus!"

Ergo: Der Verband hat (formal) recht gesprochen. Bleibt die Frage der enttäuschten Wackeraner: War es auch gerecht?

 

Dank an WFV und die Stadt Biberach

Der FC Wacker bedankt sich beim WFV, dass er das Banner ausleihen darf.

Ebenso bedankt sich der FCW bei der Stadt Biberach, dass das Banner am Kunstrasenplatz bis zur Winterpause aufgehängt werden darf.

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